1 - Zwischen Armenversorgung, Gentherapie und Telemedizin: der Arzt im 3. Jahrtausend [ID:450]
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Das System ist relativ einfach. Kunden sind in der Regel älterer Patienten ab 70. Sie

haben einen HealthBuddy zu Hause und beantworten diesem virtuellen Krankenpfleger Standardfragen.

Über entsprechende Datenleitungen geht dann die Info an den betreuenden Arzt. So muss dieser nur

dann eine Visite in Betracht ziehen, wenn ihm der Computer sagt, dass der Patient akut Bedarf hat.

Verschiedene Farbstufen markieren im Computer des Arztes täglich neu das Krankheitsrisiko

der diversen Patienten. Alle Beteiligten ziehen aus dem System ihre Vorteile. Arzt und Patient

sehen sich nur dann, wenn nötig. Die Firma Health Hero mit Sitz im kalifornischen Santa Clara

verdient damit ihr Geld. Das amerikanische Gesundheitssystem verschafft sich hohe Einsparungspotenziale

durch Verzicht auf unnötige Routinebesuche von Ärzten bei Patienten. Einer von vielen amerikanischen

Ansätzen, die auch für Deutschland denkbar wären, sobald die gesetzlichen Voraussetzungen stimmen.

Vielen Dank, dass Sie gekommen sind, trotz der späten Zeit. Ich werde sicher nicht alle diese

Fragen heute hier angehen und etwa gar Lösungsmöglichkeiten anbieten, aber ich möchte,

vielleicht können wir hier ein Thema anschneiden, das hier im Haus auch von besonderem Interesse ist,

nämlich die Möglichkeiten, Probleme, die auf uns zukommen, durch telemedizinische Technologien und

Möglichkeiten zu kompensieren und damit weiterzukommen. Nun, die Medizin, auch im Augenblick des

Übergangs zum nächsten Jahrtausend, ist eine Umbruchphase von ähnlicher Dramatik, wie wir sie

wahrscheinlich im 16. und 17. Jahrhundert und dann erst wieder im 19. Jahrhundert erlebt haben. Machen

wir uns in einem kleinen Rückblick klar, wo wir stehen. Der Arzt, wie er hier dargestellt ist, war

früher bis zum 17. Jahrhundert eigentlich ein Wegbegleiter der Kranken. Er war in der Lage, die

Not zu lindern und Trost zu spenden und in dieser Form stand er dem Seelsorger sehr nahe. Seine

Möglichkeit einzugreifen, waren in der konservativen Medizin sehr begrenzt. Sie waren beschränkt in der

hippokratischen Medizin auf die vier Möglichkeiten, nämlich des Abführens, des Schwitzens, des

Aderlasses und der Schweißtreibenden und ähnlicher, die Körpersäfte verändernder,

etwas primitiver Methoden. Dieses führte Voltaire dazu, den Arzt ein wenig zu verspotten, indem er

sagte, die Kunst der Ärzte besteht darin, den Patienten solange zu amüsieren, bis die Natur ihn

heilt. Und er hatte recht, denn alles, was der Arzt interventionell machte, war häufig mehr zum

Schaden als zum Nutzen des Patienten. Und diese Situation änderte sich dramatisch aus meiner Sicht

erstmalig, und jetzt kommt der subjektive Bias hinein, mit der Entdeckung der Pharmakologie im

Beginn des 19. Jahrhunderts. Und interessanterweise treffen sich hier zwei Entwicklungen, die das alte

Heilmittel neu definierten, kurzfristig in Erlangen. Und obwohl nur zugereist, möchte ich doch diesen

Aspekt hier auch kurz ansprechen. Da war es sicher einer der berühmtesten Promovemten dieser Universität,

Samuel Hahnemann, der die Homöopathie einführte. Es geschah gleichzeitig mit der Entdeckung der

ersten Wirkstoffe. In Frankreich, durch Caventou und Pelletier, wurde das Chinin isoliert und durch

Sertürne in Deutschland das Morphin. Und man hatte auf einmal das entscheidende Ingredient eines

Wirkstoffes in kristalliner Form. Nun, in einer ähnlich dramatischen Veränderung sind wir hier

heute. Ich will nicht darauf eingehen, aber die Möglichkeiten der Gentherapie, der Gen-Analytik,

des therapeutischen Klonens sind in aller Munde. Und war es vor 200 Jahren erstmalig die Möglichkeit,

durch chemisch definierte Substanzen das zu tun, was Voltaire unseren alten Ärzten vor 400 Jahren

nicht zutraute, nämlich zu heilen, so haben wir heute neue Dimensionen der Heilmöglichkeiten im

Rahmen nicht nur der Pharmakologie, sondern auch der Gentherapie und der Gen-Analytik vor uns. Aber

wir haben auch ein weiteres Problem und die Kehrseite dieses Fortschrittes, die Kehrseite

der Tatsache, dass wir alle, die wir hier in diesem Saal sitzen, Lebenserwartungen von circa 80 Jahren

und mehr haben, wenn nicht deutlich mehr, die Kehrseite besteht in den Kosten und der begrenzten

Möglichkeit, das Alter auch würdig und den Anstand hinter sich oder vor uns zu haben. Die Kosten

sind gewaltig und es wird unmöglich werden, auf Dauer diese Kosten zu finanzieren. Der Oberänder

hat dieses einmal ausgerechnet und allein im Jahre 98 kommt er zu dem Schluss, dazu gibt es gute

Daten, dass in Deutschland etwa 260 Milliarden für die Gesundheit ausgegeben werden und das sind

nicht alle Kosten, denn all das, was Sie ohne Rezept in der Apotheke kaufen oder Drogerie geht

dort nicht mal ein. Und diesen 280 Milliarden fallen etwa 15 Milliarden, heute ist es mehr,

es sind 50, 55 Milliarden D-Mark oder 25 bis 28 Milliarden Euro auf Arzneimittel. Machen sich klar,

Teil einer Videoserie :

Presenters

Prof. Dr. Kay Brune Prof. Dr. Kay Brune

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

00:29:43 Min

Aufnahmedatum

2002-04-25

Hochgeladen am

2018-06-22 11:12:57

Sprache

de-DE

Tags

Gentherapie Collegium Alexandrinum Armenversorgung Telemedizin Arzt Brune
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